Lieferboom in der Gastronomie – Fluch oder Segen
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Lieferboom in der Gastronomie – Fluch oder Segen

Besonders in den Zeiten von einer weltweit herrschenden Pandemie müssen immer mehr Restaurants auf die Lieferung von Essen setzen. Viele Restaurantbesitzer haben hierbei nicht die Kapazitäten für eine persönliche Lösung und müssen auf externe Lieferdienstleister zurückgreifen. Hierbei stellt sich die Frage, ob die Nutzung von externen Dienstleistern ein Fluch oder Segen für die Gastronomen darstellt.

Die Nachfrage nach geliefertem Essen steigt stetig an. Essen zu bestellen ist zum Lifestyle geworden. Wir sind viel unterwegs und der Alltag wird immer schneller. Da bleibt keine Zeit sich in die Küche zu stellen um zu kochen. Auch der Anstieg an Single-Haushalten in unserer Gesellschaft fördert diesen Trend, da man als Single meist keine Lust hat für sich alleine zu kochen. Auch die Digitalisierung führt uns in Richtung des Liefergeschäfts. Alles wird einfacher zugänglich und ist zeitsparend, was zwei Punkte sind, die vor allem die jüngere Generation ansprechen. Doch bei allen Veränderungen gibt es immer die Gewinner und die Verlierer.

Als Verlierer gelten die klassischen Gastronomiebetriebe. Bei konstanter Zunahme des Liefergeschäfts gehen weniger Personen ins Restaurant und kleine Betriebe sind meist gezwungen auf externe Dienstleister zurückzugreifen, was oft mit hohen Gebühren und dementsprechend finanziellen Sorgen einhergeht. Der Gastronom muss mehr Arbeit reinstecken, hat aber im Endeffekt weniger raus.

Die Hürden für die kleinen Betriebe beim Einstieg in das Liefergeschäft sind, dass viele den Lieferboom zu spät erkannt haben und sich zu sehr auf das stationäre Geschäft konzentriert haben. Weiterhin haben wenige Betriebe die Notwendigkeit verstanden, dass die junge Generation zwar das Essen aus ihrem Lieblingsrestaurant genießen wollen, dass aber bei sich zuhause auf ihrem Sofa. Eine der wichtigsten Hürden aber ist, dass kleine Betriebe oft nicht genug in die Digitalisierung investieren können und somit nicht effizient skalieren können.

Die Lieferdienstleister gelten allgemein als große Gewinner dieser Entwicklungen. So wundert es auch nicht, dass neue Mittreiter explosionsartig expandieren. So hat im vierten Quartal 2020 ein neuer Anbieter in Berlin das Repertoire von Restaurants, für die sie ausliefern in nur 4 Monaten von 100 auf 600 Restaurants erhöht. Das Geschäft in dieser Branche ist ebenfalls im Vergleich zu 2019 um bis zu 50 % gestiegen. Im Schnitt muss der Gastronom, wenn er externe Dienstleister verwenden möchte, 30 % Provision an den Dienstleister abtreten. Die 30 % beziehen sich meist auf den Fall, dass nicht nur die Plattform in Anspruch genommen wird, sondern auch die Fahrer des jeweiligen Dienstleisters. Meist gibt es die Möglichkeit nur die Plattform für den Kontakt zum Kunden zu nutzen und das Essen selbst auszuliefern. Hier erhalten die Gastronomen dann in den meisten Fällen ein Angebot mit deutlich besseren Konditionen. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) rät aus diesen Gründen allen Gastronomen vorher ganz genau zu rechnen, ob sich die Lieferdienste für das Geschäft lohnen.

Das Liefergeschäft birgt aber nicht nur Nachteile für das Restaurant. Das Liefergeschäft umgeht Probleme wie eine begrenzte Anzahl an Tischen und sorgt somit für ein breiteres potentielles Kundenspektrum. Ebenfalls möchten Gäste, wenn sie in ein Restaurant gehen, unterhalten werden. Das bedeutet die Atmosphäre muss ansprechend sein, das Inventar hochwertig und der Service erstklassig. All diese Punkte können die Bewertung eines Restaurants stark beeinflussen. Durch das Liefergeschäft werden alle Störfaktoren aus der Gleichung gestrichen und der Gastronomen und der Kunde können sich auf das konzentrieren um das es wirklich geht, das Essen. Weiterhin ist der Gastronom nicht auf die Laufkundschaft beschränkt, sondern kann ein deutlich größeres Einzugsgebiet beliefern, was für höhere Umsätze sorgen kann. Der digitale Bestellablauf führt auch zu weniger Druck, da der Gast in die Ferne rückt. Die eigentliche Chance besteht aber darin, dass der Gastronom nicht beschränkt ist auf die Abendplanung der Gäste, sondern weitere Produkte anbieten kann wie frische handgemachte Pasta zum selber kochen sowie spezielle Brote und Aufstriche bis hin zu Olivenöl und Gewürzen. Der Gastronom kann seinen Kunden andere Sachen anbieten, als wenn der Kunde ins Restaurant kommt zum Essen.

Wie jede Entwicklung hat auch diese für alle Parteien Vor- und Nachteile. Jeder Gastronom sollte hierbei für sich prüfen, was die beste Möglichkeit für den Betrieb ist. Denn ja nach Situation kann der Lieferboom für den Gastronom eben ein Fluch oder Segen sein.

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